Langzeitkomplikationen der Chemotherapie vermeiden

erschienen in Mamma Mia! das Brustkrebsmagazin 02/2021

Gezielte Maßnahmen wie Kühlung können die Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie, kurz CIPN, verringern.

Die Chemotherapie ist wohl die Therapie in der Behandlung von Krebserkrankungen, die von den Patienten am meisten gefürchtet wird. Ihre Ängste vor den typischen Nebenwirkungen ist groß: Übelkeit, Erbrechen, mögliche  Infektionen, Haarausfall und zuletzt die Entwicklung von schmerzhaften Nervenschädigungen an Händen und Füßen. Mediziner sprechen dann von Chemotherapie-induzierter Polyneuropathie, kurz CIPN. Sie tritt besonders bei den  Patienten auf, die mit Taxan-haltigen Medikamenten (Paclitaxel, Docetaxel, nab-Paclitaxel) behandelt werden. Aber auch andere Medikamente können zur Ausprägung der CIPN führen. Beim Auftreten akuter Symptome während der Chemotherapie müssen oft die Therapieintervalle verlängert, die Dosis reduziert oder im schlimmsten Fall sogar die Chemotherapie abgebrochen werden. Dies kann den langfristigen Therapieerfolg negativ beeinflussen. Die Problematik der Polyneuropathie ist offensichtlich.

Kontinuierliche, gradgenaue Kühlung von Händen und Füßen

„Seit 2017 dokumentieren wir am Luisenkrankenhaus und in der Hämatoonkologischen Praxis Schmutz/Hegener in Düsseldorf Daten von Krebspatienten, die Hände und Füße während ihrer Chemotherapie mit einem neuartigen Gerät (Hilotherm Chemo Care) kühlen. Das Gerät ist ausgestattet mit Hand-/Fußmanschetten und ermöglicht eine kontinuierliche, gradgenaue Kühlung der Extremitäten. Der Sauerstoffbedarf des Gewebes, der Stoffwechsel sowie die
Durchblutung werden reduziert und weniger toxische Substanzen verletzen die Nerven an Händen und Füßen. Mit
einer Geräteeinstellung von 10 bis 12°C werden Hände und Füße kontinuierlich 30 Minuten vor Beginn, während und
bis 60 Minuten nach der Chemotherapie gekühlt. Die Patienten empfinden diese Kühlung als wesentlich angenehmer als herkömmliche Versuche, mit Hilfe von Eishandschuhe zu kühlen“ beschreibt Dr. Schaper das neuartige Thermoheilverfahren.

„Wir haben bisher Daten von 186 Patienten ausgewertet. 144 von ihnen entschieden sich für die prophylaktische
Anwendung des neuen Thermoheilverfahrens und kühlten Hände und Füße bei jeder Chemotherapie, beginnend
mit der ersten Chemotherapie. Nur acht Patienten entwickelten kurzfristig Symptome der CIPN mit Schmerzen und
Beeinträchtigungen im Alltag (Grad 2), eine Patientin gab den Toxizitätsgrad 3 an. 93 Prozent der Patientinnen, die
das kontrollierte Thermoheilverfahren vorbeugend angewandt haben, blieben frei von schweren Symptomen. Die
Ergebnisse erweisen sich als nachhaltig: 4, 7, 10 bis 13 Monate nach Ende der Chemotherapie sind 96 bis 98 Prozent
unserer Patienten ohne limitierende Symptome oder Beschwerden. Zum Vergleich: In der Gruppe derer, die nicht
vorbeugend kühlten (n=38), entwickelten 50 Prozent der Patienten schmerzhafte, limitierende Symptome (Grad 2 & 3).

Methode wird immer bekannter

Schwere, nicht reversible Ausprägungen der CIPN können häufig vermieden werden. Die Langzeitprognose für viele Patienten mit einer Krebserkrankung hat sich durch viele innovative Therapiekonzepte in den letzten Jahren stark verbessert, daher sollte auch die Vermeidung schwerer Langzeitkomplikationen, die die Lebensqualität der Patienten stark beeinflussen, mehr in den Fokus gerückt werden.

„Erfreulicherweise hören immer mehr Patienten und behandelnde Ärzte von dieser Methode und wenden sie an. Wir
hoffen, dass die Therapie bald nicht nur in vielen Kliniken und Praxen standardisiert wird (heute etwa 40 Standorte
in Deutschland), sondern dass sich bald auch die Krankenkassen an den anfallenden Kosten beteiligen werden,
zumal die Anwendung für Patienten und Pflegepersonal so simpel ist,“ sagt Dr. Schaper.

Kontakt

Dr. rer. nat. Trudi Schaper
Vorsitzende Internationale Senologie
Initiative ISI e. V. und Studienleitung
Luisenkrankenhaus Düsseldorf
Luise-Rainer-Str.6-10
40235 Düsseldorf
Tel.: +49 (0)172 8676463
E-Mail: trudi.schaper@luisenkrankenhaus.de